Jordanien, die Wundertüte der Arabischen Welt
5 Uhr morgens. Jordanien begrüßt mich mit sternenklarem Himmel und einem schallenden „Allahu akbar!“ Der morgendliche Ruf des Imam klingt so eindringlich durch mein Hotelzimmerfenster, dass ich beinahe geneigt bin, spontan zum Islam zu konvertieren.
Den ersten Eindruck von Jordaniens Hauptstadt mache ich mir mit verschlafenem Blick. Und doch fällt mir auf, wie lebendig, sauber, ja modern Amman ist. Denn neben den engen Gassen der Altstadt und dem hektischen Treiben im Basar gibt es noch ein anderes Amman: das der jungen Generation. Dort wo sich die Jugend in hippen Bars tummelt, schick rausgeputzt und mit der neusten Smartphone-Generation in der Hand, scheint die Zukunft des Landes schon längst in der Mache.
Viel Zeit mich unters Volk zu mischen bleibt mir jedoch nicht, denn es geht gleich weiter in die ländlichen Regionen, dem Ruf nach Abenteuer, statt dem des Imam, folgend, nach Petra, ins Wadi Rum und an einen der berühmtesten Salzseen der Welt: dem Toten Meer.
Tatsächlich weiß man bei Jordanien gar nicht, wo man anfangen soll mit dem Sightseeing. Eigentlich wäre fast jede Sehenswürdigkeit selbst eine Reise wert. Dabei ist das Land kaum größer als Bayern, hat aber im Gegensatz zum größenmäßigen Äquivalent in Deutschland noch immer einen König.
Die Zitadelle von Amman, Jordanien
Jordanien: Das ruhige Haus der Region
Sein Vorgänger, der längst verstorbene König Hussein, bezeichnete sein Königreich einmal als „ein ruhiges Haus in einer lauten Nachbarschaft“, eine Metapher, die heute aktueller ist denn je. In Zeiten, in denen es in fast allen Nachbarländern holtert und poltert, von Israel über Syrien, den Irak und Saudi-Arabien, ist Jordanien eine Oase der Ruhe, ein Vorbild für die ganze Region.
Die konstitutionelle Monarchie hat mit Israel längst Frieden geschlossen und übt sich auch gegenüber anderen Staaten des Nahen Ostens in Toleranz. Das könnte an der Weltoffenheit des jungen Königs Abdullah liegen oder auch am Postergirl-Charme seiner Gattin Königin Rania, die wie ein Popstar verehrt wird.
Ziemlich beste Freunde: Reiseleiter Ayman und ich in Jordanien
Großen Anteil am guten Ruf habe aber sicherlich auch die besondere Einstellung der Jordanier selbst, meint Ayman, unser Tourguide, während ihm ein stolzes Lächeln übers Gesicht huscht. Wenn es um Menschen ginge, die man nicht kenne, so Ayman, würden sie zunächst fragen, ob der Gegenüber Araber sei. Dann, ob er Jordanier sei und dann, ob er ein Freund sei. Erst danach beschäftige man sich überhaupt mit der Frage, ob jemand Christ ist oder Muslim. Das mag ein wenig wie eine Stammtischweisheit klingen und doch trifft diese Aussage die Seele der Jordanier auf den Punkt: sie sind zuvorkommend, weltoffen, gastfreundlich.
Petra: Stadt im Fels
Die Charaktereigenschaften des kleinen Mannes setzen dem Gesamteindruck aber nur die Krone auf. Denn enttäuscht wird von den Sehenswürdigkeiten des Landes sicher niemand. Die berühmteste ist wohl die Felsenstadt Petra, 200 Kilometer südlich von Amman. Wo die Nabatäer vor 2.400 Jahren eine riesige Stadt in den Fels hauten, läutete einst der junge Harrison Ford als Indiana Jones das Finale des gleichnamigen Films ein und machte Petra mit einem Schlag weltberühmt.
Besonders einprägend ist der Moment, in dem man nach 20-minütigem Spaziergang durch den 1,5 Kilometer langen Siq, einer engen Schlucht umringt von hundert Meter hohen, roten Felsen, das berühmte Schatzhaus erblickt und sich dieses nach und nach im Felsspalt zu erkennen gibt.
Die Schatzkammer von Petra, Jordanien
Dabei leuchtet Petra, was treffenderweise „Fels“ bedeutet, je nach Tageszeit in anderen Rottönen, so dass sich auch ein mehrfacher Besuch lohnt, in meinem Fall ganze drei in zwei Tagen: nachmittags, abends und vormittags.
Wadi Rum: Surreale Sandsteinmassive
Nicht minder kulissenhaft sind die zauberhaft roten Wüstenlandschaften des Wadi Rum, wo mich das Gefühl überkommt, jeden Moment könne Lawrence von Arabien auf einem Dromedar an mir vorbei galoppieren. Im Frühjahr 2015 heißt dieser Jamal, ist Kamelhüter und keine 11 Jahre alt. Er nimmt mich mit auf eine Kameltour durch die Weiten des Wadi Rum. Unbeschreiblich!
Wadi Rum: Auf dem Kamel gen Sonnenuntergang
Der Tag verabschiedet sich in der Wüste mit Pauken und Trompeten. Für den letzten Akt sollte man sich daher ein nettes Plätzchen suchen, am besten weit oben auf einem Felsen. Den Anblick des dramatischen Schauspiels am abendlichen Himmel vergisst man tatsächlich so schnell nicht wieder.
Berg Nebo: Auf den Spuren von Moses
Biblisch Interessierte zieht es besonders an zwei Orte: nach Madaba, das mit der ältesten Mosaikkarte des Heiligen Landes aufwartet und zum nahe gelegenen Berg Nebo, von wo aus Moses der Bibel nach das Gelobte Land Kanaan erblickt haben soll. Heute sieht man bei gutem Wetter tatsächlich bis in die heilige Stadt Jerusalem im benachbarten Israel.
Blick über Jordanien bis nach Israel.
Totes Meer: Schwerelos durch den Tag
Dazwischen liegt das Tote Meer und damit der tiefste Punkt der Erde. Hier ist die Landschaft weniger farbenfroh. Im Gegenteil, ihr Anblick erweckt den Eindruck, jemand hätte die Sättigung heruntergedreht.
Asthmatiker und Schönheitsgierende können sich hier, knapp 400 Meter unter dem Meeresspiegel, an salzig-trockener Luft, acht Prozent mehr Sauerstoff und nach faulen Eiern riechendem Schlamm ergötzen, den man sich reichlich auf die Haut aufträgt, um ihn danach in einer aufwändigen Prozedur wieder abzuschrubben. Was tut man nicht alles für die Gesundheit.
Schlammschlacht gewonnen: Baden im Toten Meer, Jordanien
Die meisten Besucher kommen jedoch sicherlich für ein Bad im Toten Meer oder vielmehr das Treibenlassen auf dem selbigen, denn aufgrund des hohen Salzgehaltes zwischen 28 und 33 Prozent ist Abtauchen quasi unmöglich. Das ist auch besser so, wie ich schnell feststelle. Jeder, der einmal einen Spritzer des fast säureartig wirkenden Salzwassers ins Auge bekommen hat, wird mir zustimmen. Und ich weiß von was ich spreche, ich bin Wiederholungstäter.
Wer sich nicht in Selbstgeißelung üben will, der sollte auch unbedingt vermeiden, sich vor dem Bad im Toten Meer zu rasieren, egal ob Mann oder Frau. Zumindest diesem Erlebnis bin ich lieber aus dem Weg gegangen.
Jerash: Lustwandeln im Pompei des Nahen Ostens
Weiter nördlich wartet mit Jerash die größte Überraschung meiner Jordanien-Reise: die römische Ruinenstadt könnte man bestens Gewissens „Pompei des Nahen Ostens“ nennen, was ich hiermit einfach mal tue, so wundervoll erhalten sind die korinthischen Säulen, Treppen und Foren, dass man sich stundenlang darin verlieren mag.
O Säule mio: die antike Stadt Gerasa, auch Jerash genannt
Biosphärenreservat Dana: Grand Canyon Jordaniens
Ganz anders präsentiert sich Jordanien im Naturreservat von Dana, das ein wenig an den Grand Canyon erinnert – vor allem, wenn es nach den Einheimischen geht. Kaum verwunderlich also, dass man hier vor allem Freunde des Wander- und Klettersports antrifft.
Natur pur im Data Reservat, Jordanien
Wer sich für Botanik interessiert, dem sei eine ausgedehnte Wanderung in Begleitung eines einheimischen Führers empfohlen, die auch deswegen Spaß macht, weil sich dieser mit ungeheurer Hingabe der Pflanzenkunde widmet, fast so, als sei er mit jeder Blume per Du.
Zu Besuch bei den Beduinen 2.0
Und dann ist da noch etwas, was den Jordaniern besonders am Herzen liegt: ihre Traditionen, allen voran die alte Kultur der Beduinen, die tatsächlich bis heute in den Wadis leben, auch wenn sie ihre Zelte vielleicht nicht mehr ganz so häufig an unterschiedlichen Orten aufschlagen und der ein oder andere längst von Kamel auf Jeep umgestiegen ist.
Auf einen Salbei-Tee bei den Beduinen von Wadi Rum, Jordanien
Amman, eine Stadt im Aufbruch
Zurück in Amman. Beim abendlichen Spaziergang weht ein angenehm lauwarmer Wind durch die verwinkelten Gassen. Mir wird klar, dass die Stadt das verstaubte Image der traditionsbewussten Metropole längst abgelegt hat, auch wenn sie im Sommer gerne mal unter einem Schleier aus feinsandigem Staub verschwindet.
Beim Ruf zum Abendgebet: Die Moschee am Basar in Amman, Jordanien
Jordanien blickt nach vorn, so gut, wie man das in einer zerrütteten Region wie dieser eben tun kann. Die Hauptstadt steht sinnbildlich für ein Land zwischen Vergangenheit und Zukunft, Beduinentum und Neuzeit, Kameltreibern und iPhone-Jüngern.
Dennoch gehört Tradition hier zur Moderne, besonders in einem so muslimisch geprägten Ort. Das Jordanien von heute wirkt modern und zukunftsorientiert, ohne dabei Kultur und Religion außer Acht zu lassen. Im Gegenteil, die Gebetsrufe des Imans klingen eindringlicher denn je. Besonders um 5 Uhr morgens.
Gute Reiseliteratur? Meine Empfehlungen für Jordanien:
Am Lonely Planet Jordanien (Neuerscheinung 08/2015 ) führt hier mal wieder kaum ein Weg vorbei, vor allem für Individualreisende. Besonders empfehlen kann ich aber auch den DuMont Kunst Reiseführer Jordanien, der ausführlich die Geschichte des Landes beleuchtet: in schönen Worten und auf hohem Niveau.
Offenlegung: Ich war auf Einladung vom Jordan Tourism Board in Jordanien. Alle Meinungen, Übertreibungen und schlechten Witze sind meine eigenen.
Mehr über den Nahen Osten? Wie wär’s mit dem Iran: Schau dir hier die besten Sehenswürdigkeiten an und klick dich zum Guide für Backpacking im Iran!
Meine Empfehlungen sind Affiliate-Links von Anbietern denen ich vertraue. Wenn ihr was bestellt, bekomme ich ein paar Cent Provision. Super, oder?
Jordanien mit Petra und Wadi Rum steht noch auf meiner langen Reiseliste. Danke für den tollen Beitrag und die stimmungsvollen Bilder. Gerade die Wüste hat es mir angetan.
Ich war vor Jahren in Jordanien und ich kann mich deiner Meinung uneingeschränkt anschließen: ein wunderbar faszinierendes Land und Menschen, die die Gastfreundschaft erfunden haben! Ich bin gerade im Iran unterwegs,….ebenfalls sehr zu empfehlen!!
Sehr gut an Jordanien hat mir – neben den vorgestellten kulturellen Stätten und der wunderschönen Natur – vor allem gefallen, dass man auch als Frau prima alleine reisen kann.
Hi,
möchte an dieser Stelle beklagen, dass das Lesen deiner Blogs nicht leicht ist, ich habe nach 5 Minuten aufgegeben… denn die Schrift ist sehr dünn,, fast durchsichtig, und die Farbe verschmilzt mit dem Hintergrund. Fettschrift (bold) würde schon mal helfen .
Gruß
Hi Aaron, danke für den Hinweis. Es gibt bald ein Relauch, dann wird das viel besser sein. Darf ich fragen auf was für einer Art Rechner du dir dir Anekdotique anschaust?
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