Ein verzauberter Abend in der Provence: Sigur Rós im Théâtre Antique d’Arles

Antike Theater haben etwas Zauberhaftes, so eine schwere, erzählerische Kraft liegt in ihrem Antlitz. Prompt denkt man an kleine Dramen und große Kämpfe, an Opernsänger oder Gladiatoren. Das Théâtre Antique in Arles, einer kleinen Gemeinde am Rande der westlichen Provence, ist eines von diesen Arenen. Und doch steht es seit jeher im Schatten eines viel prächtigeren Amphitheaters, keine 50 Meter weiter.

Die isländische Band Sigur Rós entschied sich im September letzten Jahres dennoch für den kleineren Bruder. Und so besuchte ich an einem warmen Spätsommerabend ein Konzert, das dem Ort noch viel mehr Zauber schenkte, als er eh schon hatte.

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Die alten Gemäuer, von denen lediglich zwei korinthische Säulen, ein Turm, die Orchestra und vom Zuschauerhalbrund die untersten Sitzreihen erhalten geblieben sind, bieten noch immer Hunderten Platz. Kein Wunder also, dass wir erstmal anstehen mussten, um überhaupt hinein zu kommen. Dass einmal ein Strichcode dazu ausreichen würde, hätten sich die alten Römer wohl im Traum nicht vorstellen können.

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Arles

Eine Vorband gab es keine. Angesichts des Sonnenuntergangs, der uns hier geboten wurde, hatte sie auch keiner vermisst. Oder gehörte das schon zum Konzert?
Plötzlich standen sie dann auf der in kühles Licht getauchten Bühne: schmächtige, fast etwas urig aussehende Männer in Begleitung eines Streichquartetts. Und von nun an war kein Flüstern mehr zu hören und kein Handyklingeln zu vernehmen. Von nun an war nur eins zu spüren: Zauber. Oder Magie. Oder irgendeine andere schwülstige Formulierung, die dennoch nicht ausreicht, um das zu beschrieben, was sich nun den Rest des Abend hier abspielte.

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Mit aufgerissenen Augen saßen wir da, das Kinn in die Hand gestützt, und lauschten den so besonderen Klängen dieser Band, die ihnen einst den Ruf eingebrachten als Musiker, deren Stücke man nicht covern kann, selbst wenn man noch so sehr wollte. Sphärische, melancholische Melodien wechselten sich ab mit aufbrausenden Refrains, wenn Sänger Jónsi seine wehmütige Falsettstimme über die knarzenden Sounds erhob, die sich wie ein Paukenschlag über die Arena legten – und mit ihr ein grelles Licht, das so blitzartig kam, dass es einem den Atem verschlug. Oft griff er selbst zum Geigenbogen und bearbeitete damit seine E-Gitarre wie eine alte Eiche, deren Tage gezählt sind.

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Ja, Sigur Rós ist eine Band zum Staunen. Und das konnten die Zuschauer nun über zwei Stunden lang, die einem noch viel länger vorkamen. So gedankenverloren saß man an diesem verwunschenen Ort und wünschte sich insgeheim, es würde ewig so weiter gehen.

Dennoch endete dieser Abend nach einer Reihe von Zugaben, nach schüchternen Dankesworten und einer tiefen, ehrerbietenden Verbeugung der versammelten Band. Sigur Rós hatte es doch tatsächlich geschafft, auch den letzten Zuschauer sprachlos zu machen. Und so entließen sie ihr Publikum gedankenverloren, ja vielleicht sogar etwas beseelt, in die Nacht.

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  1. We are not familiar with Sigur Rós, have to check them out. And what a fantastic venue to see them, or any band for that matter.

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