Club der toten Dichter und Denker: der Friedhof Père Lachaise in Paris

Die wenigsten würde mit Friedhöfen wohl einen romantischen Spaziergang assoziieren. Und doch gibt es in Paris, der Stadt der Liebenden, eine letzte große Ruhestätte, die wie geschaffen ist für einen ausgedehnten Bummel durch die Jahrhunderte: der berühmte Friedhof Père Lachaise.

PereLachaise

Im Gegensatz zu den klassischen Parks und Gärten inmitten der französischen Hauptstadt, wie den Jardin des Tuileries oder dem Parc des Buttes Chaumont, ist der Père Lachaise eine wahre Oase der Ruhe – nicht nur der der letzten. Denn auch die Lebenden unter uns können hier eine kurze Auszeit nehmen von der Hektik der Großstadt.

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Das liegt zum einen daran, dass der nach Pater François d’Aix de Lachaise benannte Parkfriedhof so weit abseits liegt, versteckt im Nordosten von Paris, genauer gesagt im 20sten Arrondissement, einem Viertel, das unter Einheimischen als Menilmontant bekannt ist. Zum anderen, entscheidenderen Teil, lieht es aber auch am Charakter des Friedhofs selbst und natürlich an den unzähligen Berühmtheiten, deren letzte Ruhestätte er darstellt und die ihn erst zu dem machen, der er heute ist: der am meisten besuchte Friedhof der Welt.

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Im Jahre 1804 eröffnet und von Parisern recht treffend „la cite des morts“, Stadt der Toten, genannt, beherbergt der Père Lachaise über 300.000 Gräber – und damit ein unglaubliches Potpourri an Berühmtheiten quer durch die Geschichtsbücher:

Von großen Dichtern und Schriftstellern wie Oscar Wilde, Molière, Balzac, Colette oder Marcel Proust, über berühmte Schauspieler wie Marcel Marceau, Sarah Bernhardt und Yves Montand, bis hin zu Komponisten, Musikern und Sängern wie Chopin, Edith Piaf und – wie könnte man ihn an dieser Stelle vergessen – James Douglas Morrison, besser bekannt als Jim Morrison, einstiger Sängern und Frontman der Rockband The Doors.

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Will man auch nur die Hälfte dieser eben genannten Gräber besichtigen, braucht man sehr viel Zeit – und gutes Schuhwerk, denn der Friedhof ist von unglaublichem Ausmaß.
Es ist sogar ein Leichtes, sich in den verwinkelten Gassen des Parks zu verlieren: auf den gepflasterten Wegen, den von uralten Bäumen gesäumten, prächtigen Alleen und den kleinen gewundenen Pfaden, die durch den Park hinauf und wieder hinunter führen. Man wandelt umher von den alten Teilen des Friedhofs zu den neueren, von Dichtern zu Denkern, von Komponisten zu Rockstars.

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Dabei wirkt diese Umgebung beim erstmaligen Besucher nicht nur etwas unwirklich, ja fast verwunschen, sie hat auch etwas ungeheuer Romantisches an sich. So kann man sich stundenlang durch die Anlage treiben lassen und den Charme des Parks in sich aufsaugen.

Am besten an einem sonnigen Herbsttag oder kurz nach einem Regenschauer. Bei einer angenehm leichten Luft, die etwas nach feuchter Erde riecht und nach dem Duft längst vergangener Jahrhunderte. Ja, wenn man ganz tief einatmet, glaubt man fast die Vergänglichkeit ein wenig riechen zu können, die hier über allem liegt wie ein dünner Schleier aus Staub.

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Uralte Grabmale, bedrückende Grüfte, epochale Steinfiguren, majestätische Kapellen – es ist ein Meer aus Stein, das sich dem Besucher offenbart und ihm an jeder Ecke wieder einen völlig neuen Anblick bietet. Mal moosüberwachsen, mal halb zerfallen, mal frisch mit dem Sandstrahler restauriert und mal nigelnagelneu, als hätte das Begräbnis erst vor wenigen Stunden stattgefunden.

Es ist still auf diesem Friedhof. Und das würde einen nicht weiter verwundern, wäre da nicht die Schar an Besuchern, die wie besessen zu den Gräbern pilgern, mit Blumen, Girlanden oder Schnapsflaschen. Mal lachend, weinend oder hysterisch kreischend, je nachdem zu welcher Ruhestätte es gehen soll.

Oscar Wilde und der Lippenstift

Das Grab des berühmten Schriftstellers Oscar Wilde beispielsweise, braucht man nicht zu lange. Man erkennt es schlichtweg an der Menschentraube, die sich zu jeder Tageszeit davor versammelt.

„Versuchungen sollte man nachgeben. Wer weiß, ob sie wiederkommen.“

Vergänglichkeit war immer ein großes Thema Wildes. Und solche Aussagen wie die obige nehmen sich nicht wenige seiner weiblichen Bewunderer bis heute zu Herzen.
So haben sie seit Eröffnung des Grabes ihr ganz eigenes Ritual, um den Besuch bei ihrem Idol kenntlich zu machen. Lange Zeit galt es als eine Art Tradition, das leicht pompöse Grabmal Wildes über und über mit Lippenstiftküssen zu versehen – sehr beliebt waren dabei vor allem die unteren Regionen der steinernen Figur. Nun wurde vor kurzem eine Glaswand angebracht, um allzu heftige Liebkosungen bestmöglich zu unterbinden.

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Nichtsdestotrotz wird das Grab Oscar Wildes seit jeher kontrovers diskutiert, besteht es doch aus einer nackten, beflügelten Shinx-Skulptur des Künstlers Jacob Epstein, die durchaus andächtig, aber für den ein oder anderen auch anstößig über dem Grab hängt.

Sei es drum. Was bleibt sind die markten Zitate des großen Schriftstellers, die für alle Ewigkeit in den massiven Stein gemeißelt sind.

Jim Morrison und eine letzte Ruhestätte, die nicht zur Ruhe kommt.

Und dann das: das berühmt-berüchtigte Grab des The Doors Sängers Jim Morrison, der mit 27 Jahren verstarb – jenem magischen Alter der ewig jungen Wilden um Janis Joplin, Kurt Cobain, Jimi Hendrix und nach ihrem tragischen Drogentod zuletzt auch der englischen Sängerin Amy Winehouse. Club 27 wird diese Aufreihung musikalischer Genies seit eh und je genannt. Und eine der tragischsten Figuren liegt eben hier auf dem Père Lachaise seit 1971 begraben.

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Warum aber liegt ein amerikanischer Rockstar auf einem Pariser Friedhof? Die Antwort ist so banal wie ironisch. Morrison zog Anfang der 70er Jahre in die französische Hauptstadt mit dem Vorhaben, endgültig auszunüchtern, dem Alkohol abtrünnig zu werden und sich auf sein zweites Standbein neben der Musik zu fokussieren: dem Schreiben.
So schön diese Absicht auch war, allen Anschein nach haute sie nicht so ganz hin. Morrison starb nur wenige Momente später an einem Herzinfarkt, hervorgerufen wohl durch erheblichen Drogenkonsum.

„Tried to run
Tried to hide
Break on through to the other side.“

Morrison, oder Mr. Mojo Risin‘ wie er sich selbst gern nannte, setzte letztlich genau das um, von was er nicht selten sang: er schaffte es auf die andere Seite. Und seither kommt seine letzte Ruhestätte nie wirklich zur Ruhe.

Obwohl auch dieses Grab nicht unbedingt einfach zu finden ist, sollte man einfach den melancholischen Gesängen der davor verharrenden Fans folgen, die vor einer großen Absperrung verharren wie Groupies am Hintereingang zur Bühne.

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Es ist ein Ort, der fast noch unwirklicher daherkommt, als der Rest des Friedhofs. Einst war es Morrison selbst, der den Mythos um seine Person durch seinen Tod erst richtig anfeuerte. Heute sind es die Fans und Groupies, die die Legende weiterleben lassen: mit Blumen und Lippenstiften, mit gemeinsamen Gesangseinlagen und halbleeren Whiskeyflaschen auf dem Grabstein. Mit ausschweifenden nächtlichen Prozessionen, welche die Sittenwächter auf den Plan gerufen und sie eine Absperrung rund um den ganzen Bereich haben bilden lassen. Macht nichts, denn er tut der Sache keinen Abbruch. Legende bleibt eben Legende. Und Grenzen gibt es seit Morrisons psychedelischen Songs eh nicht mehr.

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Wilde und Morrison sind nur zwei der großen Namen im Friedhof Père Lachaise. Viele weitere gibt es zu erkunden. Und jeder Grabstein erzählt seine ganz eigene Geschichte.

Der Père Lachaise ist letzte Ruhestätte, Parkanlage und Spazierweg in einem. Er ist ein Ort, um zur Ruhe zu kommen, in sich zu kehren und nachzudenken über das Leben und das Ableben, über die Dinge und über sich selbst. Es ist ein Ort der Vergänglichkeit, ein Ort der Poesie, der Melancholie und der großen Gefühle. Und wie ein guter Wein, gewinnt er mit jedem Jahr noch mehr an Reife hinzu. Wie geschaffen eben für einen ausgedehnten Spaziergang durch die Jahrhunderte.

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HARD FACTS:

Wo: 20. Arrondissement, nahe Oberkampf und Belleville

Eintritt: kostenlos

Anreise:
Mit der Metro Linie 2: Rue de Repos, „Porte du Répos“ – Metro Station Philippe Auguste (Haupteingang)
Mit den Metro Linie 2 oder 3: „Porte des Amandiers“ – Metro Station Père-Lachaise (Seiteneingang)
Mit der Metro Linie 3: Rue des Rondeaux, „Porte Gambetta“ – Metro Station Gambetta (Seiteneingang)
Mit dem Bus: Buslinien 26 und 76

Öffnungszeiten:
Mitte März bis Anfang November: Mo-Fr 7:30 – 18:00 Uhr; Samstag 8:30 – 18:00 Uhr; Sonntag und an Feiertagen 9:00 – 18:00 Uhr.
Mitte November bis Anfang März: Mo-Fr 8:00 – 17:30 Uhr; Samstag 8:30 – 17:30 Uhr; Sonntag und an Feiertagen 9:00 – 17:30 Uhr.

Unterkunft in Paris gesucht? Dann schau doch mal bei GowithOh vorbei – ein Anbieter von unterschiedlichsten Apartments in vielen Bezirken von Paris. Für Spaziergänger gibt es sogar welche in der Nähe des Père Lachaise. (Hinweis: Dieser Tipp wird euch präsentiert von GowithOh.)

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  1. inka says:

    Klasse Fotos und ein spannender Artikel. Ich würd ja alleine deshalb mal nach Paris fahren wollen!
    Liebe Grüße
    /inka

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  2. archie.di says:

    Wir waren vor kurzem dort. Für mich ist es der schönste Fleck von Paris.

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  3. Step says:

    Die Asche meines Großvaters wurde am Père Lachaise verstreut – und so war ich schon mehrmals dort! Auch dies wieder ein toll geschriebener Artikel. Ich mag Friedhöfe als Ort der Ruhe, zum Spazieren und Abschalten. Besonders im Herbst. Erst heute bin ich durch den wild verwachsenen, alten jüdischen Teil des Wiener Zentralfriedhofs spaziert, wo wir sogar Rehe zwischen den Grabsteinen erblickt haben. Ebenso ein Tipp für Wien Besucher wie der Pére Lachaise in Paris.

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