Urlaub zu Hause: So schön kann Heimat sein
Denkt man an deutsche Reisende in Deutschland, so denkt man an verheiratete Paare des älteren Semesters mit Multifunktionsjacken im Partnerlook. Man denkt an klobige Wanderstiefel, sich in den Kiesweg hackende Spazierstöcke und ausgefaltete Wanderkarten vom ADAC. Man denkt an Jakobs-Filterkaffee, der seit Stunden in der verschlissenen Thermoskanne aus den 80ern hin- und herschwappt. Und an den Deutschen, der sich den ganzen Tag darauf freut, sein Stullenpaket auf der Holzbank hinter der Düne auszupacken. Heute bin ich einer von ihnen. Und mache Urlaub zu Hause an einem sonnigen Märztag auf der Insel Usedom.
54° 5′ N, 13° 55′ O. Höhenlage: 5 Meter über Normalnull. Zinnowitz begrüßt mich mit strahlendem Sonnenschein – und das schon um 8 Uhr morgens. So kann’s weitergehen, denk ich mir. Und mach mich auf Richtung Ostsee. Zu Fuß, schließlich geht’s ja nur fünf Meter runter. Man kann sie riechen, die alte Dame unter den deutschen Gewässern – schon von Weitem weht mir die salzig-algige Brise um die Nase.
Der gehe ich, wie immer, nach und zack, plötzlich erhebt sich vor mir der Horizont. Ich bleibe stehen, und das sogar ganz schön lange, und starre einfach nur ins blaue Nichts. Mein Blick schweift die Küste entlang zur Seebrücke mit seiner massiven Tauchglocke und zurück.
Urlaub zu Hause: Völlig außer Sand und Band.
Einatmen! Ausatmen! Wie schlecht die Luft in deutschen Großstädten ist, merkt man erst an Orten wie diesen. Jeder einzelne Atemzug ist wie ein kleines Fest für meine Bronchien. Ja, fast hör‘ ich sie innen begeistert applaudieren. Ich setze mich auf die Düne und halte für einen Moment inne. Schön bist du, Usedom.
Ab in die Düne beim Urlaub zu Hause
Dann schwing ich mich auf’s Rad und mache mich auf den Weg, durch Wälder hindurch, die Küste entlang. Und die ist wirklich ganz schön lang auf Usedom. Radfahren scheint hier eh das große Ding zu sein, so scheint es mir. Hunderte Radler kommen mir auf meinem Weg nach Koserow entgegen, mindestens. Die meisten sehen glücklich und zufrieden dabei aus, kein Wunder bei diesem strahlenden Sonnenschein, am ersten angenehm warmen Tag im März. Schon nach einer halben Stunde habe ich einen knallroten Kopf, was durchaus auch vom Treten in die Pedale kommen kann. Oder an meinem Unvermögen, die 3-Gangschaltung des Leihdrahtesels richtig zu benutzen.
Urlaub zu Hause bei endlosen Stränden und wankenden Bojen
Zwei Stunden später. Wieder zurück in Zinnowitz will ich mich belohnen. Mit einem frischen Fischbrötchen am Fischerstrand. Ach was, zwei – man gönnt sich ja sonst nichts. Dazu ein Radler, natürlich standesgemäß ein Flens(burger). Ein Brötchen schmeckt besser als das andere, wobei es mir nicht schwer fällt, das Matjesfilet dann doch dem geräucherten Lachs vorzuziehen. Völlig in mich gekehrt, verzehre ich meine eben erstandenen Speisen in der Mittagssonne.
Ob sich das der normale Durchschnittsdeutsche auch gegönnt hätte? Ist mir egal. Weil der ganze Moment einfach schmeckt. Weil der Ausblick über die Düne hin zum Meer den Rest tut. Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein. Ja sogar die anderen am Nachbartisch mit ihren schnöselig glänzenden Daunenjacken schmatzen völlig losgelöst.
Urlaub zu Hause: Den Blick auf die lange Küstenstreifen gerichtet
Auch den Nachmittag verbringe ich draußen in der Natur. Alles andere wäre hier auch purer Hohn. Ich spaziere von Ost nach West, flaniere über die schmalen Straßen, den Strand hoch und wieder runter und lasse Steine übers Wasser flitzen, wobei ich selbst etwas überrascht bin, wie gut ich das noch hinkriege nach all den Jahren.
Urlaub zu Hause: Steine flippen lassen – wie lang habe ich das eigentlich nicht gemacht?
Die anderen Urlauber scheinen auch Spaß zu haben. Die kleinen Freckel auf ihren Minirädern, wie auch die älteren Herrschaften mit ihrem Altherrengelächter, das ab und an von den Biertischgarnituren am Fischerstrand herüber geweht wird. Wo sie wohl herkommen? Aus Dortmund oder Berlin vielleicht?
Urlaub zu Hause: So stell ich mir ein Osterwochenende vor
Usedom zieht sie alle an. Und die warme Märzsonne sie wieder aus. Aber auch sie verschwindet im Angesicht der ankommenden Abendstunden allmählich am Horizont. Während ich mir noch die letzen warmen Sonnenstrahlen auf den Pelz scheinen lasse, kehren Krethi und Plethi schon wieder in ihre Zinnowitzer Ferienwohnungen zurück. Vielleicht essen sie schon Abendbrot und scherzen über den Sonnenbrand in ihren zufriedenen Gesichtern. So schön kann Urlaub sein, denk ich mir. Auch wenn er fast vor der Haustüre stattfindet.
Urlaub zu Hause? Da schmeiß sogar ich mich in Multifunktionskleidung!
Die Geschichte ist Teil der Frühlingsaktion von Jack Wolfskin. Mit etwas Glück könnt ihr zwei der Outfits gewinnen, die ich auf den Fotos getragen hab. Teilnehmen könnt ihr auf der Jack Wolfskin Facebook-Seite oder auf der Website.
Photo Credits gehen an meine Freundin Anne Steinbach von annewhere.com. Tausend Dank!