Hong Kong von oben – eine Fahrt mit der Tram durch die Stadt der Superlative

Letzten April, auf meinem Weg von Peking zurück nach Hamburg, verbrachte ich einige Tage in einer meiner absoluten Lieblingsstädte – Hong Kong.

Es gibt so vieles, das ich an dieser Megastadt am Perlflussdelta und am Rande des südchinesischen Meeres liebe: das so anmutig zwischen grüne Hügel gebettete Hafenbecken, das unglaublich vielfältige kantonesische Essen, das beschauliche Viertel Sheung Wan, die immerfort leuchtenden Neonreklamen Kowloons, die versteckten Kleinode Stanley und Aberdeen und natürlich eine atemberaubende Skyline, die ihresgleichen sucht. Aber da gibt es noch etwas, was schon bei meinem allerersten Besuch im Jahr 2003 mein Herz gewonnen hat.

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Das Beste was man in Hong Kong unternehmen kann, ist eine Fahrt mit einer der alten Trams (Chinesisch: 香港電車), die sich seit über 100 Jahren ihren Weg durch Hong Kong Island bahnen – zwar gemächlich, aber unentwegt. Als einer der allerersten Transportwege in der Megastadt ist die weltweit größte Flotte doppelstöckiger Straßenbahnen pure Melancholie aus Stahl.

Wie sie so vor sich hin tuckern, von Shau Kei Wan bis nach Kennedy Town und durch die nicht enden wollende Causeway Bay, die Hauptverkehrsader Hong Kong Islands.

Wie der Fahrer voller Stolz das alte Glöckchen bimmelt, jedes Mal wenn die Tram in eine Station einfährt. Und wie man einfach aufspringt und die Treppe auf das Oberdeck nimmt in der Hoffnung, vielleicht sogar einen Platz an der großen Fensterfront zu ergattern.

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Und wie man dort sitzt auf den hölzernen Sitzschalen und schnell dazu geneigt ist, die Zeit zu vergessen, während einem durch die kleinen Fenster tropisch-feuchte Luft durchs Haar weht und das geschäftige Treiben der Stadt an einem vorbeizieht wie ein perfekt orchestriertes Theaterstück: die riesigen Einkaufszentren und die kleinen Märkte, die gigantischen Kreuzungen und die schmalen Seitengassen.

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Eine Fahrt mit der Tram ist sicherlich die beste Art, die Stadt wirklich kennenzulernen. Du fährst an einer Gruppe Einheimischer vorbei, die sich im Victoria Park, der grünen Seele Hong Kongs, dem Tai Chi hingeben. Ebenso am weitläufigen Happy Valley Racecourse mit seinen hoch hinauf ragenden Flutlichtern und an hunderten massiven Gebäuden, die von Baugerüsten aus Bambus umgeben sind – mit fleißigen Arbeitern darauf, die eifrig ihre Renovierungsarbeiten verrichten und an Pausen gar nicht erst zu denken scheinen.

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Du machst deine Späße mit dem kleinen chinesischen Mädchen in der Bahn vor dir, welche von deiner an jeder Station kurz eingeholt wird, bevor sie alsbald wieder vorauseilt.

Du entdeckst typisch kantonesische Häuser, äußerlich fast etwas gebrechlich wirkende Betonklötze, deren Außenwände über und über gepflastert sind mit kastenförmigen Klimaanlagen und einem Putz, der allmählich aufplatzt, gezeichnet vom Laufe der Zeit. Gebäude, die schon beim ersten Anblick viele alte Geschichten erzählen – von britischen Kolonialzeiten und einstigen Besitzern, von schweren Taifunen und Sturmfluten.

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Und manchmal, wenn du genau hinschaust, kannst du sogar für kurze Zeit hineinsehen in die Wohnungen und in die Leben von einfachen kantonesischen Arbeitern, nur um wenige Meter weiter von prachtvollen, silbern reflektierenden Banken-Hochhäusern in Central geblendet zu werden. Das sind diese besonderen Momente, in denen die Stadt etwas Verwirrendes und zugleich Verwunschenes an sich hat. Und sich an jeder Ecke von Neuem überrascht. 

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Du machst Bekanntschaft mit einfachen Arbeitern, die im abgelegenen North Point zusteigen, in der Hoffnung, es noch rechtzeitig in die Arbeit zu schaffen. Und mit alten Pärchen, die auf den hölzernen Sitzschalen so unbeteiligt nebeneinander sitzen, als hätten sie sich schon längst alles erzählt.

Du triffst auf gut betuchte Damen auf ihrem Weg in die edlen Shopping Malls und auf quirlige Studenten in ihren immer noch britisch angehauchten Schuluniformen, die miteinander so laut tratschen, dass selbst der Wind ihr schallendes Gelächter nur mit Mühe davontragen kann.

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Auch fährst du an kleinen Seitenstraßen vorbei mit noch viel kleineren Marktständen, vollbehangen mit den für China so typischen, roten Lampenschirmen. Wo Hausfrauen ihren täglichen Einkauf erledigen, Marktschreier aus voller Kehle ihrem Geschäft nachgehen und wo stets ein Hauch von frischem Koriander, tropischen Früchten und Meeresgetier hindurch weht.

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Zweifelsohne lassen sich Stunden damit verbringen, auf dem Oberdeck zu sitzen und die unglaubliche Vielfalt Hongkongs, die Schönheit und Verworrenheit in sich aufzusaugen.

Doch dann, mit einem Mal, steigst du aus der Tram aus und tauchst ein in diesen Schmelztiegel voller Extreme, die diese Stadt zu bieten hat und verlierst dich in dieser magisch-surrealen Metropole, die Hong Kong schon immer war und hoffentlich immer sein wird.

HARD FACTS ZU DEN HONG KONG TRAMWAYS:

In Betrieb seit: 1904
Anzahl der Linien: 6
Anzahl der Straßenbahnhaltestellen: 120 
Betriebszeiten: 5.30 Uhr bis 12.30 Uhr
Fahrpreis für Erwachsene: HK$ 2,30; Kinder: HK$ 1,20; Senioren über 65: HK$ 1,10

Der Fahrpreis wird einheitlich berechnet und ist unabhängig von der zurückgelegten Strecke. Passagiere zahlen erst beim Aussteigen indem sie den genauen Betrag des Fahrpreises in Münzen in eine Box auf Höhe des Fahrers einwerfen.
Alternativ lässt sich auch die Octopus-Karte benutzen, eine wiederverwendbare Smartcard für den elektronischen Zahlungsverkehr.

Es gibt sechs sich teilweise überlappende Hauptverkehrsstrecken:
Shau Kei Wan ↔ Western Market
Shau Kei Wan ↔ Happy Valley
Shau Kei Wan ↔ Kennedy Town
North Point ↔ Whitty Street
Happy Valley ↔ Kennedy Town
Causeway Bay ↔ Whitty Street
Western Market ↔ Kennedy Town

Warst du mal in Hong Kong? Welche Tipps und Anekdotiques hast du von dort? Schreib einen Kommentar!

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  1. Aggy says:

    I love your detailed descriptions of HK, feels like I’m right there! I have never been there, but you have certainly making HK a place I should visit soon!

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    • Clemens says:

      Thank you so much! That’s the biggest compliment one can make me. HK is definitely a destination you should check out. Been there a couple of times, but it’s nearly impossible to explore everything, as the city is changing that fast.

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  2. Annie says:

    Your photos are incredible. Looks like a great trip!

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  3. Shaun says:

    Great shots! So much to do in Hong Kong – even on a lay over. Good on you for getting out of the airport.
    Shaun

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    • Clemens says:

      I know! And the city is so close to the airport thanks to the Airport Express, that they have. But the much more scenic route is the bus that drives up Lantau Island and over all the bridges towards the moment, when the skyline rises up at the horizon. Oh my… I’m so lost in Hongkong melancholy…

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  4. Lily La says:

    I really miss Cantonese food. I love it! Hong Kong was a little overwhelming for me, but my highlight was Victoria peak at night – the view was absolutely stunning! Love this post 🙂

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    • Clemens says:

      Totally, I love cities where you can go eat yourself through the whole place. And the peak is a place to stay. It’s like for every time of the day. I could sit there forever and watch down to the city, seriously.

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  5. Graeme Voigt says:

    Woah! Stunning!

    I want to go there now!

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