Berliner Mauer, East Side Gallery und der Lauf der Zeit

„Die Mauer muss weg,“ forderten die Berliner Bürger gegen Ende der 80er-Jahre laut- und willensstark. Und sie sollten Recht bekommen. Die Mauer wurde im Jahr 1989 abgerissen. Aber nur fast, denn ein kleiner Teil entlang der Spree steht noch bis heute. Genauer gesagt zwischen dem Berliner Ostbahnhof und der Oberbaumbrücke.

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Der vielversprechende Name der Einrichtung: „East Side Gallery“. Dass ein Teil der Berliner Mauer einmal zu einer Galerie umgestaltet wird und dann auch noch einen englischen Namen trägt, hätten sich Erich Honecker und Co. wohl kaum erträumen lassen.

Und doch steht dieser Mauerstreifen unverwüstlich bis heute und ist dabei einem ständigen Wandel unterzogen. Das liegt zum einen daran, dass sich der 1,3 Kilometern lange Teil der einmal so berüchtigten Grenze zwischen Ost- und Westberlin, wie einst auch der Rest der Mauer, im Freien befindet und damit der ständigen Witterung ausgesetzt ist, zum anderen aber auch an einer Vielzahl anderer Umstände. Allen voran jenem, der die Galerie auszeichnet und sie zu dem macht, was sie heute ist: die Kunst.

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Das Teilstück entlang der Berliner Mühlenstraße wurde im Frühjahr 1990, also kurz nach der Öffnung der Berliner Mauer, nicht nur unter Denkmalschutz gestellt, sondern in kurzer Zeit von 118 Künstlern aus 21 Ländern über und über bemalt – und somit in ein Kunstwerk verwandelt, das bis heute seinesgleichen sucht.

Denn jedes einzelne Gemälde war nicht nur ein Unikat, sondern eine Art persönlicher Kommentar auf die politischen Veränderungen die mit dem Ende der 80er-Jahre einhergingen: ein Gefühlskarussell aus Hoffnung, Ungewissheit, Angst und überschwänglicher Freude über die friedliche Überwindung des „Eisernen Vorhangs“ sowie das Ende des „Kalten Krieges“.

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Vieles davon spiegelt sich bis heute in den unterschiedlichen Beiträgen auf der East Side Gallery wider. Zumindest in dem, was bis heute erhalten geblieben ist und nicht dem Laufe der Zeit zum Opfer fiel. So manche Kunstwerke verschwanden vollkommen, völlig neue Bilder entstanden.

Und das ist nicht einmal schlimm. Schließlich ist jede Form von Kunst auf der East Side Gallery mehr oder weniger willkommen, mit „Streetart“ sogar die scheinbar spontane Form von Straßenkunst. Und mit Einschränkungen sogar das gute alte Graffiti.

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Hier geht also um eine Kunst, die sich über längst eingeprägte, unvergessliche Werke legt wie ein neuer Anstrich über abblätternden Putz. Eine Kunst, die von Zeit zu Zeit renoviert wird, sprich übermalt, sei es in einer geplanten Kunstoffensive oder eher einer guerillahaften Nacht-Und-Nebel-Aktion.

„Es gehört zur Lebensgeschichte der Mauer, dass sie kaputt ist.“
– Leo Schmidt

Was entsteht ist ein Sammelsurium aus Kunst und Wahrheit, ein knallbuntes Potpourri welches einer ständigen Veränderung unterworfen ist und die East Side Gallery zu dem macht, was sie ist, nämlich das längste Mahnmal für Frieden und Versöhnung – und gleichzeitig eines für die Kunst selbst.

Mit fast dalíesken Fratzen, mit markanten Sprüchen, Zitaten und Aphorismen, die sich dem Betrachter ins Gedächtnis brennen und natürlich mit dem einen besonders berühmten Gemälde, das ein Sinnbild für die ganze Galerie darstellt: der leidenschaftliche Bruderkuss zwischen dem Sowjetführer Leonid Brezhnev und Erich Honecker, dem Staatsführer Westberlins.

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Ein Kunstwerk, das zwar alle Monate wieder von Neuem bekritzelt, und damit kommentiert wird, die alte Kraft von einst jedoch sicher nie ganz verlieren wird. Schließlich sind auch Kommentare nur eine Ergänzung.

Mit anderen Worten: Die East Side Gallery ist Denkmalschutz von und durch jedermann. Gerade diese Eigenschaft ist das Tolle an der Kunst. Dass sie sich immer wieder von Neuem erfindet und genau aus diesem Grund der beste Schutz für sich selbst darstellt.

HARD FACTS:

Öffnungszeiten: immer geöffnet 24/7
Eintritt: umsonst; Zugang von beiden Seiten möglich
Nächste Haltestelle: S-Bahn Ostbahnhof
Achtung, mehrmaliger Besuch lohnt sich, denn die Kunstwerke unterstehen einem ständigen Wandel

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  1. Schöner Artikel, interessante Fakten! Ich wohne ganz in der Nähe der East Side Gallery, laufe/fahre dort oft vorbei und finde immer wieder neue spannende Details und Veränderungen. Das Highlight war allerdings letztes Jahr der Besuch von Mr. Hasselhoff, (http://instagram.com/p/W9wDjqqEMU/ ;-)) der dafür gekämpft hat, dass die Mauer diesmal _nicht_ abgerissen wird. Hat leider nicht ganz geklappt, jetzt klafft eine Lücke an der Baustelle des neuen Gebäudes.

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  2. TravelDoIt says:

    The East Side Gallery is one of the most colourful and thought-provoking places in Berlin and you’ve really captured that well in your pictures here.

    It’s so easy to see just why it’s a must-see for every traveller.

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  3. Step says:

    Die East Side Gallery wurde durch die Kritzeleien leider für meinen Geschmack komplett verunstaltet. Vor ein paar Jahren noch konnte man die Kunstwerke mit all ihren politischen Botschaften bewundern, mittlerweile (war erst vor wenigen Wochen wieder dort) erkennt man sie vor lauter Beschmierungen kaum mehr. Verstehe echt nicht, warum man das so ruinieren muss…….

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