Die Altstadt von Quito: Zu Fuß durchs 16. Jahrhundert

Die historische Altstadt von Quito muss man sich erlaufen. Oder eher erklimmen. Denn die Hauptstadt Ecuadors liegt auf sage und schreibe 2.850 Metern. Eine Höhe, die man bei jedem kleinen Schritt merkt. Mindestens so atemberaubend ist dabei das, was einem der altehrwürdige Stadtkern links und rechts des Weges an Sehenswürdigkeiten bietet – nicht ohne Grund rühmt sich Quito als weltweit erste Stadt bereits seit 1979 mit dem Titel des UNESCO-Weltkulturerbes. Ein Spaziergang durchs Centro Historico.

Centro Historico Old Town in Quito

Mein Bummel durch die Altstadt von Quito beginnt in der wohl berühmtesten Straße der Andenmetropole: der Calle La Ronda, einer engen, kopfsteingepflasterten Gasse voller bunter und schon halb schiefer Häuschen und damit einer charmanten Erinnerung an das Quito von einst.

Calle la ronda in der Altstadt von Quito, old town quito

Früher das Zentrum des Schaffens stellt die Calle La Ronda heute eine gut restaurierte Touristenattraktion dar, eine Fußgängerzone voller Shops und Werkstätten, wo noch mit gleicher Emsigkeit der traditionellen Herstellung von Hüten, Honig, Schokolade und anderer lokaler Produkte nachgegangen wird, wie in alten Tagen – äußerst touristisch zwar, aber mit der Anmut und Eleganz längst vergangener Zeiten auf jeden Fall einen Besuch wert.

Centro Historico Old Town in Quito Altstadt von Quito
Das Bild trügt: Die Via Guayaquil in der Altstadt von Quito ist meist überfüllt mit Autos.

Wie ein Schachbrett haben die Kolonialherren die Straßen Alt-Quitos angelegt. So ist es ein leichtes, sich in ihnen zurechtzufinden. Mein Weg führt mich weiter die vielbefahrene Verkehrsader Via Guayaquil hinauf, vorbei an Schuhputzern die am Straßenrand unermüdlich auf Kundschaft warten und deren Gesichtshaut von der Sonne ebenso gut gegerbt scheint, wie die der ledernen Schuhe, die sie wohl zu putzen gedenken. Auch passiere ich dutzende ältere Frauen, die an der Kreuzung dem ständigen Hupen der Taxis trotzend lautstark Clementinen, Tomaten, Birnen und Äpfel anpreisen.

Street seller in Centro Historico Old Town in Quito Altstadt
Manzana anyone? Eine der emsigen Straßenverkäuferinnen in der Altstadt von Quito.

Doch schnell merke ich, dass sich mit jedem Schritt ins Herz des Centro Historico nicht nur der Geräuschpegel ändert. Auch mein Herz klopft schneller und mit einem Schlag wirkt die Stadt plötzlich größer, lauter, voller, als eben noch in der gemütlichen La Ronda. Prompt biege ich nach links ab und schon senkt sich mein Puls wieder.

Altstadt von Quito, das Old Town Centro Historico am Plaza Grande
Treffpunkt jeden Alters: der Plaza Grande in der Altstadt von Quito.

Ich stehe mitten auf dem Plaza Grande im Centro Historico von Quito – dem großen Platz der Unabhängigkeit, in deren Mitte die Virgen Apocalítica steht, die so bedeutungsschwangere Figur der Unabhängigkeitsjungfrau. Die parkähnliche Fläche ist umringt von Regierungspalast (Palacio de Gobierno oder Palacio Presidencial), dem erzbischöflichen Palast (Palacio Arzboispal) sowie der Kathedrale (Catédral) und dem Rathaus (Municipio).

Trotz dieser zentralen Lage herrscht hier statt Verkehrschaos eher eine fröhlich angeregte Grundstimmung. Unter herrlich blühenden Bäumen tummelt sich vor dem imposanten Präsidentenpalast eine gesunde Mischung aller Altersklassen. Kinder tollen zwischen Greisen herum, Mütter sitzen beim Café con Leche lautstark tratschend im anliegenden Café und eine Militärkapelle spielt zum Umtata auf. Belebender kann ein Stadtzentrum kaum sein.

Altstadt von Quito das Old Town Centro Historico am Plaza GrandeCentro Historico Old Town in Quito
Ziemlich fotogen: die rosa blühenden Bäume auf dem Plaza Grande in Quitos Altstadt Centro Historico.

Das wilde Treiben hat etwas ungemein Lebensbejahendes. Trotzdem hab ich nach einer Viertelstunde Zusehen genug, bahne mir wie durch ein Wimmelbild den Weg durch die Massen und finde gleich um die Ecke endlich wirklich Ruhe: in der La Compañía de Jesús.

Altstadt von Quito Centro Historico Old TownBarock rockt: wie zum Beispiel die Fassade der Jesuitenkirche.

Während die barocke Fassade dieser Jesuitenkirche mich noch relativ unbeeindruckt lässt, haut mich ihr inneres Antlitz vollkommen vom Hocker. Ich kann mich nicht erinnern jemals ein so güldenes Gotteshaus gesehen zu haben, außer vielleicht in der Ewigen Stadt selbst, in Rom. Altar, Kanzel, Säulen und Gewölbe – beinahe das komplette Kirchenschiff ist mit einer feinen bis klotzigen Goldschicht überzogen und wirft den Raum in ein fast unwirkliches Licht. Wäre Dagobert Duck katholisch, La Compañía wäre mit Sicherheit sein sonntäglicher Rückzugsort.

La Compañía de Jesús Church in Old town Quito Altstadt
Gülden wo man hinschaut: das Kirchenschiff der Compañía de Jesús.

Und doch bin ich wieder ganz froh, wenn meine Nase von frischem Andenwind umwunden wird statt vom weihrauchgetränkten Dunst vergangener Jahrhunderte. Quitos Altstadtcharme findet sich ja schließlich auch hier draußen auf der Straße.

Die Altstadt von Quito, das Old Town im Centro Historico

Denn das Centro Historico, die Altstadt von Quito, überzeugt mich rasch mit einer unglaublich fotogenen Mischung an kolonialen und klassizistischen Bauwerken. Hinzu kommen dezente spanische Einflüsse des Mudéjar-Stiles mit seinen maurischen und gotischen Elementen. So ist es kein Wunder, dass ein Herrenhaus schöner ist, als das andere, ein Balkon verzierter, als der nächste und die Patina des einen Gebäudes noch mehr Geschichten zu erzählen scheint, als die des Nachbarhauses.

Centro Historico Old Town Quito Altstadt
Die Via Guayaquil: sie durchzieht Quitos Altstadt von Südost nach Nordwest.

Und doch ist in der Altstadt von Quito der nächste Sakralbau nicht weit, dafür umso eindrucksvoller. Direkt am Plaza San Francisco erhebt sich die gleichnamige Kirche, die mit Baubeginn 1534 die wohl älteste der spanischen Kolonialzeit darstellt und mich vor allem mit ihrer aufwändigen Inneneinrichtung voller feiner Schnitzereien, riesiger Gemälde und Blattgoldarbeiten überzeugt.

Centro Historico Old Town in QuitoVor wenigen Wochen war hier noch der Papst: der Plaza San Francisco mit der gleichnamigen Kirche.

Bleibt vor allem eine Erkenntnis: Eine Stadt auf fast 3.000 Metern zu Fuß zu erkunden, ist anstrengender als man vielleicht denen mag. Auch wenn die Altstadt von Quito auf kleinem Raum so vollgepackt ist mit Attraktionen, dass man gar nicht viel laufen muss.

Zu guter Letzt geselle ich mich nach einer kurzen Aufwartung im Inneren der Kirche San Francisco zu den Einheimischen auf den Bänken und Treppen rund um den weitläufigen Platz. Mindestens ebenso beliebt scheint dieser bei den allgegenwärtigen Tauben, die hier im Angesicht Gottes recht fotogen ihrem Dasein frönen. Auch ich könnte mich an diesen Anblick gewöhnen. Ja, wenn die omnipräsenten Mobiltelefone und knallgelben Taxis nicht wären, fast wähne man sich mittendrin im 16. Jahrhundert.

Alles Wissenswerte und Sehenswürdigkeiten in Ecuador werden im Reiseführer Ecuador von Travellers Archive gut zusammengefasst. Auch lesenswert ist der Reisebericht vom illegalen Piranhas Angeln im Gebiet des Napo Fluss, dem Zufluss des Amazonas. 

Der Aufenthalt in Quito wurde mir ermöglicht durch Quito Turismo. Danke! Alle Meinungen, Übertreibungen und schlechten Witze sind meine eigenen.

  1. Neni says:

    Tolle Fotos, vor allem die mit den Ecuadorianern 🙂

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  2. Julian says:

    Sehr schöner Bericht Clemens. Ich war vor 3 Jahren in Quito und hatte gar keine Erwartungen und war extrem positiv überrascht, wie eigentlich von ganz Ecuador. Grüße julian

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