Der ultimative Whitsunday Cruise – Ein Segelturn vor Australien zwischen Idylle und Partywahn
„Heeeey, how ya doooiiiing?“ Gut gelaunte Australierinnen ziehen besonders Fremden gegenüber die Vokale immer ins Unendliche – und zwar so nasal wie möglich und mit einem übertrieben freundlichen Grinsen im Gesicht. Mir ist noch nicht ganz klar, ob diese Eigenart antrainiert ist oder ob das von zu viel Sonne kommt. Auf jeden Fall war auch diese Reisebüromitarbeiterin herzallerliebst freundlich.
Wir aber wollten direkt zum Punkt kommen: ein Cruise zu den Whitsunday Islands soll’s sein. Ja, gerne drei Tage. Ob wir so richtig Party, Sommer und nette Leute wollen? Warum eigentlich nicht. Obwohl, allzu sehr jetzt auch nicht. Entspannt ein Bierchen auf Deck, das klingt gut. Wären wir auf die Sache mit der Party eingegangen, wäre sie uns mit der Atlantic Clipper gekommen, ein Segelschiff, dem der Ruf als Partyboat vorauseilt.
Aber natürlich hatte sie auch für uns was Passendes parat: die New Horizon. Und natürlich sei das genau das Richtige: Alkohol ja, Trinkspiele nein. Dachten wir zumindest. Bis es dann losging.
Tag I:
BYO stand in großen Lettern auf den Buchungsunterlagen: „bring your own“. Damit war natürlich Alkohol gemeint. Für Essen, Decken und alles andere ist auf dem Schiff nämlich gesorgt. Also vorher nochmal zum Bottlemart und ein 40er Pack Dosenbier gekauft – Flaschen sind an Bord nämlich verboten.
Treffpunkt 14 Uhr an der Yachtanlegestelle. Und da standen sie nun alle schön grüppchenweise aufgestellt, so dass sich gleich erkennen ließ, wer hier mit wem reiste: eine Gruppe Engländerinnen, ein paar Deutsche, eine Handvoll Pärchen. Ganze 32 Passagiere und vier Crewmitglieder passen auf die 21 Meter lange New Horizon, die ein bisschen an das Beck’s-Schiff erinnert, aber dann doch auch nach Altöl riecht. So ein Segelschiff kann ohne Wind schließlich schlecht segeln.
Unsere erste Amtshandlung an Bord: Alkohol kaltstellen, und zwar in riesigen Truhen. Dass man dafür Crushed Ice mitbringen sollte, hatte leider kaum jemand mitbekommen. Also lieber sofort trinken, solang das Bier noch kalt war.
Neben XXXX Gold (gesprochen: „Four X“), Victoria Bitter (gesprochen „VB“ und auf keinen Fall „Victoria Bitter“) und Oettinger (Jaha, ein paar Kalifornier hatten doch tatsächlich Oettinger dabei!) karrten einige auch kanisterweise Goon an, einen pappsüßen australischen Restewein, dessen Genuss noch lange nachwirken soll. Ich hab’s lieber beim Probieren gelassen.
Als Nächstes gab es eine kurze Vorstellung der Crew und eine Einweisung in die Sanitäranlagen. Das Wasser wird auf der New Horizon nämlich rationiert, weshalb jeder nur eine Minute täglich duschen darf. Kein Problem – wird in den kommenden Tagen nämlich eh kaum jemand tun.
Und dann ging’s los, bei strahlend blauem Himmel und leichtem Wellengang durch die Whitsunday Passage dem Sonnenuntergang entgegen. Zu den Top 10 der UK-Charts in Dauerschleife genossen wir die ersten Biere, kamen langsam ins Gespräch und dann das: Am Bug stand eine Gruppe völlig betrunkener Briten, die sich reihum mit einer Bierdose gegen die Stirn schlugen und dabei englische Pubsongs grölten. Hab ich irgendwas verpasst? Als einem die Dose am Kopf explodierte, floss der Inhalt langsam das Deck hinunter bis zu unseren Füßen. Also der Doseninhalt, nicht der vom Kopf.
Aber es wurde noch besser. Der Verlierer und ein solidarischer Spielkumpane zogen sich splitterfasernackt aus und übergossen sich im Fahrtwind mit je einer Dose Bier. Wie sie da so standen… das sah ein bisschen aus wie ein heroisches Postkartenmotiv aus einem schäbigen Kiosk in East London. So kann man natürlich auch duschen, wenn das Wasser knapp ist.
Trinkfreudige Briten sind es ja gewohnt, sich zügig zu betrinken. Sie gehen direkt nach der Arbeit in den Pub und müssen dort schließlich bis zur Sperrstunde fertig sein. Dementsprechend früh lagen sie auch heute in der Kajüte, wenn auch mancher nicht alleine. Aber das ist eine andere Geschichte. Und das mit dem Handyvideo das reihum ging, wollte ich jetzt hier wirklich nicht erzählen.
Als dann um Mitternacht endlich die nächtliche Schiffbeleuchtung ausging, konnten alle noch halbwegs Nüchternen in aller Ruhe den Sternenhimmel bestaunen. Einen Himmelszelt, das so stechend klar war, wie kaum anderswo auf dieser Welt. Luftverschmutzung kennen die hier nicht auf den Whitsunday Inseln.
Nebenbei gab es noch etwas anderes zu bewundern: einen nach Aufmerksamkeit gierenden Delfin, der sich die ganze Nacht zu uns ans Schiff gesellte.
Geschlafen wurde schließlich auch. Nämlich in einem großen Dorm unter Deck. Mit Füßen die vom Bier ganz klebrig waren.
Tag II:
Der Morgen begann um 6.30 Uhr mit lautstarkem Manchester United Fangesang, den ein Crewmitglied voller Inbrunst in der Kajüte zum Besten gab („Stand up for Manchester United!!“) Das Frühstück verpasst, Morgentoilette braucht eh keiner, also gleich in die Stingersuits und ab zum Schnorcheln in die Bucht. Wer wollte, konnte auch einen Einsteigertauchgang hinzubuchen.
Mittags dann das eigentliche Highlight der Tour: der Whitehaven Beach, ein schneeweißer und puderweichen Sandstrand, den wir nach einem kurzen Bush Walk und dem atemberaubenden Ausblick von einem Lookout weit über der Bucht erreichten. (Was diesen Strand so besonders macht kannst du HIER lesen.)
Aber auch der Strandausflug hatte mal ein Ende und so ging es am späten Nachmittag zurück auf die New Horizon, wo wir den Tag schließlich mit Partyspielen ausklingen ließen. Moment! Partyspiele? Richtig gelesen. Die Crew verdonnerte uns tatsächlich zu einer Reihe von Gruppenspielen inklusive Lap Dance und exklusive so mancher Kleidung.
Tag III:
Nach einer wiederholt recht kurzen Nacht begann der Tag standesgemäß mit gutgelauntem ManU-Gesang, der uns spätestens heute den Rest der Reise als Ohrwurm begleiten sollte. Wer wollte, konnte in den Morgenstunden ein letztes Mal Schnorcheln gehen, vom schiffseigenen Sprungbrett springen oder auf Paddle Boards stehend durch die Bucht treiben. Und ob man es glaubt oder nicht, vereinzelt ploppten um 10 Uhr tatsächlich schon wieder die Bierdosen. Es gibt doch nichts Schöneres, als ein Oettinger am Morgen.
Allmählich neigte sich dieser Trip dem Ende zu. Und auch wenn die meisten die Zeit auf dem Schiff genossen haben, waren doch alle sichtlich froh, als die New Horizon mit gesetzten Segeln nach drei Tagen wieder in den Yachthafen von Airlie Beach einfuhr. Was blieb sind viele unerwarteten Erinnerungen, Salz in den Haaren und ein dezentes Schwanken, das uns noch tagelang begleiten sollte.
Wie ihr seht hab ich eher die schönen Momente mit der Kamera eingefangen. Alles andere kam meist eh so unverhofft, dass man zu baff war, um sein Smartphone zu zücken.
Mehr über die Whitsunday Islands findest du übrigens in diesem Blogeintrag.
HARD FACTS
Wo: Whitsunday Inseln / Region: Queensland / Kontinent: Australien
Reisezeit: Ganzjährig warm-heiß. Der Winter ist die beste Reisezeit – tagsüber angenehme Temperaturen, sehr wenig Niederschläge.
Anreise: Von Airlie Beach mit dem Segelschiff ca. 4 Std.
Veranstalter: Zum Beispiel True Blue Sailing
Buchbar: In so ziemlich jedem Reisebüro Australiens
Kosten: ca. 300 Euro für 3 Tage mit Verpflegung + Schnorchelausrüstung
Digger, der eklige Packwein heißt Goon und net Gun 😉
Ha! Danke! Bleibt mir trotzdem fremd das pappsüße Zeug.
Sounds like an amazing adventure. I’d like to make my way to Queensland this year, and I think I may just have to book a trip True Blue Sailing!
Hi Elizabeth, yes you should have a try. It’s an exhausting and beautiful experience at once! And you’ll never ever forget it again your whole life for sure!
Wow ein super Beitrag! Macht richtig Lust auf einen Segelturn vor Australien.
Danke Marvin! Freut mich, dass du da jetzt auch Lust darauf hast! Solltest du mal in Down Under sein, investier das Geld! Es lohnt sich echt. Wirst du nie wieder vergessen!
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